FG Schleswig-Holstein, Pressemitteilung vom 20.12.2012 zum Urteil 1 K 69/12 vom 07.06.2012
Mit Urteil vom 7. Juni 2012 (Az. 1 K 69/12) hat der 1. Senat des Finanzgerichts erkannt, dass die in § 37 Abs. 5 KStG i. d. F. des Gesetzes zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens vom 20. Dezember 2008 (Steuerbürokratieabbaugesetz – BGBl I 2008, 2850) angeordnete ratierliche Auszahlung des festgesetzten Körperschaftsteuerguthabens über einen Zeitraum von zehn Jahren auch angesichts der daraus sich für die Durchführung von Insolvenzverfahren über das Vermögen der auszahlungsberechtigten Körperschaft ergebenden – praktischen – Probleme verfassungsgemäß ist.
Geklagt hatte ein Insolvenzverwalter, der sich gegen seinen Willen gezwungen sah, ein Insolvenzverfahren fortzuführen, weil zugunsten der Insolvenzschuldnerin ein Körperschafsteuerguthaben in Höhe von ca. 1.500 Euro festgesetzt worden war, dass über den Zehnjahreszeitraum mit jeweils ca. 150 Euro jährlich erstattet wurde.
Der Senat vermochte die behauptete Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte des Klägers nicht zu erkennen. Insbesondere liege keine Verletzung des Art. 14 GG. Es sei höchstrichterlich bereits entschieden, dass selbst das sog. Körperschaftsteuermoratorium gem. § 37 Abs. 2a KStG i. d. F. des Gesetzes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen vom 16. Mai 2003 (StVergAbG – BGBl I 2003, 660) keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG dargestellt habe (vgl. BFH-Urteil vom 08. November 2006 I R 69, 70/05, BFHE 215, 491, BStBl II 2007, 662). Das müsse erst recht für die hier in Rede stehende Nachfolgevorschrift gelten, die sich für die betroffenen Steuerpflichtigen regelmäßig günstiger auswirke.
Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor. Ein solcher ergebe sich zunächst nicht daraus, dass z. B. Einkommensteuererstattungsansprüche gem. § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG unmittelbar nach Bescheidbekanntgabe vollständig auszuzahlen seien. Denn vorliegend gehe es nicht um einen Erstattungsanspruch, sondern um ein gem. § 37 Abs. 1 KStG festgestelltes Guthaben, das sich allein aus den Besonderheiten des Übergangs vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahrens ergeben habe. Ein Verstoß lasse sich auch nicht vor dem Hintergrund des § 37 Abs. 5 Satz 6 KStG begründen, mit dem die vorher im Wege einer Billigkeitsregelung geübte Verwaltungspraxis (vgl. das BMF-Schreiben vom 21. Juli 2008 IV C 7 – S-2861 / 07 / 10001, 2008/0387856, BStBl I 2008, 741) normiert worden sei, Körperschaftsteuerguthaben bis zu einem Betrag von 1.000 Euro in einem Betrag auszuzahlen. Denn mit der Festlegung dieses Grenzbetrages bewege sich der Gesetzgeber im Rahmen des ihm für Typisierungen vorgegebenen weiten Gestaltungsspielraums.
Zwar sei dem Kläger zuzugeben, dass die gesetzliche Regelung durchaus erhebliche praktische Schwierigkeiten bei der Abwicklung von Insolvenzverfahren insbesondere dann mit sich bringen könne, wenn relativ geringe Körperschaftsteuerguthaben festgestellt worden seien. Der Gesetzgeber habe dies und das Spannungsverhältnis zu den insolvenzrechtlichen Wirtschaftlichkeits- und Beschleunigungsgeboten aber durchaus gesehen und in § 37 Abs. 5 Satz 9 KStG auch Möglichkeiten zur Abhilfe geschaffen. So gelte danach § 46 Abs. 4 AO nicht. Demzufolge sei der geschäftsmäßige Erwerb der Auszahlungsansprüche erlaubt, was es wiederum dem Insolvenzverwalter ermögliche, die Ansprüche vorab im Wege der Abtretung zu verwerten. Ausdrücklich offen gelassen (weil nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens) hat es der Senat, ob – auch in Ansehung des Wortlauts des § 37 Abs. 5 Satz 6 KStG – im Einzelfall nicht eine anderweitige Festsetzung/Auszahlung im Billigkeitswege denkbar sein könnte.
Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden. Das Verfahren ist bei dem BFH unter dem Aktenzeichen I B 96/12 anhängig.
Quelle: FG Schleswig-Holstein