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Anwälte müssen Anträge explizit stellen und sie nicht nur „ankündigen“

BRAK, Mitteilung vom 03.07.2023 zum Beschluss III ZB 46/22 des BGH vom 27.04.2023

Wer als Anwalt lediglich ankündigt, dass die Berufungsbegründungsfrist verlängert werden müsse, stellt damit noch nicht den entsprechenden Antrag.

Kündigt ein Rechtsanwalt an, die Berufungsbegründungsfrist müsse verlängert werden, kann dies auch bei entsprechender Auslegung noch nicht als Antrag gewertet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Beschluss vom 27.04.2023, Az. III ZB 46/22).

Der Rechtsanwalt, der ein laufendes Schadensersatzverfahren übernommen hatte, wählte in einem Schriftsatz an das Gericht folgende Formulierung:

„Der Unterzeichner beantragt deshalb, die Akten des Ermittlungsverfahrens beizuziehen und nach Vorlage dieser Ermittlungsakten dem Unterzeichner ebenfalls Akteneinsicht in diese Ermittlungsakten zu gewähren. Der Unterzeichner kündigt aus diesem Grund bereits jetzt an, dass die Frist zur Begründung der Berufung verlängert werden muss.“

Erst nach Fristablauf für die Berufungsbegründung erinnerte er daran, noch keine Akteneinsicht erhalten zu haben. Außerdem schrieb er, dass er davon ausgehe, die reguläre Verlängerung der Frist um einen Monat sei ihm gewährt worden. Wegen der Untätigkeit des Gerichts müsse er nun aber die Verlängerung um einen weiteren Monat beantragen. Das Berufungsgericht erteilte den Hinweis, dass es beabsichtige, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, weil der tatsächliche Antrag auf Fristverlängerung erst nach Fristablauf eingegangen sei. Der Anwalt stellte daraufhin einen Antrag auf Wiedereinsetzung und reichte die Begründung ein. Die Berufung wurde dennoch abgewiesen, auch eine Rechtsbeschwerde vor dem BGH hatte keinen Erfolg.

BGH: Rechtsanwälte müssen wissen, was ein Antrag ist

Der Rechtsanwalt habe die Frist schuldhaft versäumt, was der Klägerin zuzurechnen sei, so der BGH. Schließlich hätte er rechtzeitig einen – richtig formulierten – Antrag auf Fristverlängerung stellen können. Das erste Schreiben sei hingegen gerade nicht als (konkludenter) Antrag zu verstehen gewesen.

Bei der Auslegung sei der nach außen hervorgetretene wirkliche Wille der Parteien zu erforschen. Hiernach sei aber klar, dass in dem Schriftsatz kein Fristverlängerungsantrag, sondern nur ein Antrag auf Akteneinsicht enthalten sei. Dafür sprächen der klare Wortlaut und die Gliederung des Schriftsatzes, wo im einen Absatz „beantragt“ steht, im anderen jedoch „kündigt … bereits jetzt an“. Die Formulierung bedeute bereits dem allgemeinen Wortlaut nach, dass die in Aussicht genommene Fristverlängerung erst künftig beantragt werden solle. Hinzu komme, dass es sich bei dem Unterzeichner des Schriftsatzes um einen Rechtsanwalt handele; vor Zivilgerichten tätige Rechtsanwältinnen und -anwälte müssten den Unterschied zwischen einer Antragstellung und einer bloßen Ankündigung eines Antrags kennen.

Quelle: BRAK

Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=104385

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