LG Offenburg, Pressemitteilung vom 08.08.2023 zum Urteil 1 S 76/22 vom 27.06.2023 (rkr)
Die Berufungskammer des Landgerichts Offenburg hat entschieden, dass die Betreiberin eines Indoorspielplatzes nicht für den Armbruch einer 5-jährigen Besucherin haftet, den diese durch den Zusammenstoß mit einem rutschenden Kind erlitten hat.
Beim Besuch eines Indoorspielplatzes stieß ein damals 5-jähriges Mädchen beim Rennen durch die Halle mit einem Kind zusammen, das gerade die zentral im Indoorspielplatz befindliche Rutsche heruntergerutscht war. Durch den Zusammenprall der beiden Kinder brach sich die Fünfjährige den Arm. Das Ende der Rutsche ist im Bereich des Auslaufs mit einer gelben Schaumstoffmatte ausgelegt, der übrige Boden in dem Bereich ist blau. Der Indoorspielplatz war durch den TÜV abgenommen worden.
Die Eltern des verunfallten Mädchens meinten, der Endbereich der Rutsche hätte besser gesichert werden müssen, um die Gefahr von Kollisionen zu vermeiden. Da für die Nutzung des Spielplatzes Eintritt zu zahlen sei, habe die Betreiberin des Indoorspielplatzes ganz besonders darauf zu achten, dass kein Unfall passiere. Die Eltern forderten ein Schmerzensgeld von mindestens 3.000 Euro.
Das Amtsgericht Offenburg hatte die Klage mit Urteil vom 11. November 2022 abgewiesen, da keine Verkehrssicherungspflichtverletzung der Betreiberfirma vorliege. Zwar müsse derjenige, der eine Gefahrenquelle schaffe, die notwendigen Schutzvorkehrungen treffen. Bei Kindern seien in besonderem Maß diejenigen Gefahren zu beachten, die ihnen aufgrund ihrer Unerfahrenheit, ihres Leichtsinns und Spieltriebes drohten. Allerdings müsse, auch wenn es um den Schutz von Kindern gehe, nicht jeder abstrakten Gefahr durch vorbeugende Maßnahmen begegnet werden; eine absolute Sicherheit könne und müsse nicht gewährleistet werden.
Das Landgericht Offenburg, 1. Zivilkammer, hat das Urteil des Amtsgerichts bestätigt. In seinem Urteil wies das Landgericht unter anderem darauf hin, dass die Betreiberin des Indoorspielplatzes die einschlägigen DIN-Normen beachtet hatte. Auf Spielplätzen sollen Kinder auch die Möglichkeit haben, ihre Grenzen kennenzulernen und mit Gefahren des täglichen Lebens umzugehen und diese zu beherrschen. Dieser Zweck würde vereitelt, wenn die Kinder und Jugendlichen keinen Gefahren ausgesetzt werden dürften, die Klettergerüsten, Rutschen und sonstigen Spielgeräten immanent sind, führte Dr. Jens Martin Zeppernick, der Vorsitzenden der 1. Zivilkammer, in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus und warf die Frage auf, ob solche Spielplätze Kindern überhaupt noch Freude bereiten würden.
Das Urteil des Landgerichts Offenburg ist rechtskräftig.
Quelle: Landgericht Offenburg
Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=106233