BRAK, Mitteilung vom 21.10.2024 zum Urteil 6 A 33/23 MD des VG Magdeburg vom 02.09.2024
Eine Behördenmitarbeiterin sicherte einer Klägerin eine Verlängerung der Klagefrist zu – darauf durfte sich diese aber nicht verlassen.
Behörden haben nicht die Möglichkeit, gesetzlich festgelegte Fristen ohne Ausnahmeregelung (hier: Klagefrist) zu verlängern. Wer sich auf eine anders lautende Zusicherung einer Behördenmitarbeiterin verlässt, dem könne auch keine Wiedereinsetzung gewährt werden, so das VG Magdeburg. Der Rechtsirrtum sei vermeidbar, indem man sich rechtzeitig anwaltlichen Rat suche (Urteil vom 02.09.2024, Az. 6 A 33/23 MD).
In einem Verfahren, in dem es inhaltlich um die Rückzahlung von Corona-Soforthilfe ging, hatte sich eine Frau telefonisch an die Investitionsbank Sachsen-Anhalt gewandt und dort mit einer Mitarbeiterin gesprochen. Diese Mitarbeiterin bestätigte später per E-Mail eine „Fristverlängerung“, wobei sie sich auf das mit der Frau geführte Telefonat bezog. Die Frau meint, die Mitarbeiterin der Landesbank habe ihr auf den Hinweis, dass sie sich anwaltlich beraten lassen wolle, eine entsprechende Fristverlängerung der Klagefrist von einem Monat um einen weiteren Monat gewährt. Die Behörde bestreitet, dass es überhaupt um die Klagefrist gegangen sei.
Etwa einen Monat nach Ablauf der ursprünglichen Klagefrist erhob die Frau Klage. Sie war dennoch der Auffassung, ihre Klage sei noch fristwahrend gewesen. Zwar habe sie inzwischen von ihrem Anwalt erfahren, dass Behörden eine gesetzliche Rechtsmittelfrist nicht verlängern können und die Zusicherung per E-Mail nicht wirksam gewesen sei. Da sie damals aber nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, habe sie sich auf die Aussage der Mitarbeiterin verlassen dürfen.
Klägerin hätte sich nicht auf Aussage der Mitarbeiterin verlassen dürfen
Dieser Argumentation folgte das VG Magdeburg nicht und wies die Klage wegen Verfristung als unzulässig ab. Das Gericht bestätigte, dass eine Verlängerung gesetzlicher Fristen grundsätzlich ausgeschlossen sei – es sei denn, die Möglichkeit der Verlängerung sei im Gesetz ausdrücklich vorgesehen. Für die Klagefrist fehle aber eine entsprechende Ermächtigung. Die Landesbank habe den Fristenlauf mit Erlass des Bescheides zudem bereits aus der Hand geben. Daher wäre eine etwaige Verlängerung der Klagefrist von vornherein ins Leere gegangen.
Der Klägerin sei auch keine Wiedereinsetzung zu gewähren, da sie die Klagefrist schuldhaft versäumt habe. Den Bescheid habe sie noch während des Laufs der Klagefrist erhalten. Es wäre ihr folglich ohne weiteres möglich gewesen, sogleich Klage zu erheben. Der Rechtsirrtum über die Wirksamkeit der „Fristverlängerung“ bzw. ihre Rechtsunkenntnis könnten die Fristversäumung grundsätzlich nicht entschuldigen. Sie hätte schon nicht darauf vertrauen dürfen, dass eine E-Mail von einer Mitarbeiterin der Investitionsbank die Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Rücknahmebescheid außer Kraft setzen kann. Der Irrtum wäre jedenfalls vermeidbar gewesen, hätte die Frau früher einen Anwalt oder eine Anwältin aufgesucht.
Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer
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