IWH Halle, Pressemitteilung vom 13.12.2012
Nach konjunktureller Flaute zum Jahresende 2012 dürfte die Weltwirtschaft im Jahr 2013 wieder frischen Wind in den Segeln verspüren. Ein kräftiger Aufschwung bleibt jedoch aus. Die Konsolidierungsnotwendigkeiten in vielen fortgeschrittenen Volkswirtschaften wirken weiter belastend. Im Euroraum dürfte die Produktion im Jahr 2013 um 0,2 % zurückgehen, bevor sie im Jahr 2014 wieder moderat zulegt. Auch die deutsche Wirtschaft wird im Schlussquartal des Jahres 2012 schrumpfen, dann aber wieder Fahrt aufnehmen. Das Bruttoinlandsprodukt wird in den Jahren 2012 und 2013 um 0,8 % bzw. 0,7 % zulegen, und im Jahr 2014 um 1,5 %. Dabei wird die Arbeitslosenquote geringfügig auf 6,7 % steigen. Die Verbraucherpreisinflation wird in den Jahren 2013 und 2014 in etwa bei der geldpolitischen Zielmarke von 2 % liegen. Der staatliche Finanzierungssaldo wird im Jahr 2013 wieder negativ. Die Probleme in Griechenland werden ohne einen weiteren Schuldenschnitt nicht zu lösen sein.
Im Jahr 2012 war die konjunkturelle Dynamik fast überall in der Welt gering. Im Euroraum sinkt die Produktion sogar seit Ende des Jahres 2011. Folglich war die Dynamik des Welthandels schwach; er hat im Jahr 2012 wohl nur um etwa 2,5 % zugenommen. Die Hauptursache für die gegenwärtige Schwäche der Weltwirtschaft liegt in den Konsolidierungszwängen, die im Gefolge der Finanz- und Wirtschaftskrise in den meisten fortgeschrittenen Volkswirtschaften entstanden sind.
Zuletzt sind aber die Chancen für eine leichte Belebung der Weltkonjunktur gestiegen. Schon seit dem Spätherbst gibt es Hinweise darauf, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten im Laufe des Jahres 2013 wieder stärker zunehmen könnten. In wichtigen Schwellenländern, allen voran China, deuten Umfragen darauf hin, dass sich das wirtschaftliche Vertrauen der Unternehmen im Herbst wieder gefestigt hat. Die Weltproduktion expandiert nach vorliegender Prognose im Jahr 2012 um 2,25 %, im Jahr 2013 um 2,5 % und im Jahr 2014 mit gut 3 %. Die Rezession im Euroraum wird wohl erst im Sommer 2013 überwunden sein, ein kräftiger Aufschwung wird sich aber auch danach nicht einstellen, denn die Finanzpolitik wird im Jahr 2014 weiterhin restriktiv wirken. Alles in allem dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion im Euroraum im Jahr 2012 um 0,5 % und im Jahr darauf um 0,25 % zurückgehen, um im Jahr 2014 sehr moderat (mit gut 1 %) zuzulegen.
In Deutschland hat sich die konjunkturelle Dynamik im Verlauf des Jahres 2012 immer weiter verlangsamt. Die Zuversicht von Unternehmen und Haushalten sank stetig bis in den Spätherbst hinein. Die Binnennachfrage schrumpft nun schon seit einem Jahr, obwohl der Beschäftigungsstand hoch ist und die monetären Rahmenbedingungen günstig sind. Der Hauptgrund für das zunehmend vorsichtigere Ausgabeverhalten von Unternehmen und privaten Haushalten sind sicher die Sorgen um die Eurokrise und die Rezession in vielen europäischen Nachbarländern. Die Auslandsnachfrage hat im September und Oktober an Schwung verloren, und die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe ist in dieser Zeit sehr deutlich zurückgegangen. Auch die privaten Käufe und der Wohnungsbau scheinen im Herbst zu schwächeln, wie die zuletzt berichteten Einzelhandelsumsätze und die Bauproduktion signalisieren.
Alles in allem dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion im vierten Quartal um 0,2 % sinken, so dass sich im Jahresdurchschnitt ein Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes von 0,8 % ergibt (arbeitstäglich bereinigt um 1 %).
Allerdings zeigen sich am Jahresende Anzeichen dafür, dass sich die deutsche Konjunktur im ersten Halbjahr 2013 wieder etwas beleben dürfte. Die Geschäftsaussichten und die aktuellen Auftragseingänge der Industrie, die produktionsseitig in das nächste Jahr reichen, sind wieder gestiegen, vor allem dank abermals zunehmender Bestellungen aus dem Ausland. Die Produktionsdynamik bleibt im ersten Halbjahr 2013 insgesamt aber noch schwach, da sich die Weltkonjunktur nur allmählich kräftigt und die inländische Nachfrage noch von der Investitionszurückhaltung der Unternehmen belastet wird.
Im späteren Verlauf des Jahres 2013 und bis in das Jahr 2014 hinein dürfte sich, sofern die Eindämmung der Schuldenkrise im Euroraum gelingt, die konjunkturelle Lage deutlicher aufhellen; dann dürften auch wieder Zuwachsraten in Höhe des Potenzialwachstums möglich werden. Das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland dürfte im Jahr 2013 mit 0,7 % nochmals eher mäßig zunehmen, sich aber im Jahr 2014 mit 1,5 % erneut beschleunigen. Die gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten sind im Jahr 2013 unterausgelastet; im Verlauf des Jahres 2014 schließt sich die Produktionslücke. Die Beschäftigung wird angesichts der schwachen Produktionsentwicklung im Jahr 2013 in etwa stagnieren und erst im Jahr darauf mit 0,2 % leicht steigen.
Die Verbraucherpreisinflation verharrt im Jahr 2013 bei 2 % wie im Jahr 2012 und wird im Jahr 2014 mit 1,8 % etwas darunter liegen.
Die Prognoseunsicherheit ist recht groß. Für das Jahr 2013 reicht das 66 %-Prognoseintervall für die Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes von -0,2 % bis 1,6 % und für das Jahr 2014 von -0,1 % bis 3,2 %. Die wesentlichen Risiken gehen von der Fiskalklippe in den USA und vor allem von der andauernden Krise in den südeuropäischen Mitgliedstaaten des Euroraums aus. Aber auch die Lage im Nahen und Mittleren Osten stellt ein weltwirtschaftliches Gefährdungspotenzial dar.
Im Prognosezeitraum wird sich die Situation der öffentlichen Haushalte zunächst wieder etwas verschlechtern. Die Staatseinnahmen werden im Jahr 2013 deutlich schwächer zunehmen als in den beiden Jahren zuvor. Die Staatsausgaben werden im Jahr 2013, auch vor dem Hintergrund nachlassender Konsolidierungsbemühungen und einer expansiv ausgerichteten Finanzpolitik, stärker ausgeweitet als in den Vorjahren. So fallen etwa Mehrausgaben im Zuge der Neuausrichtung der Pflegeversicherung oder durch das neu eingeführte Betreuungsgeld an. Die monetären Sozialleistungen werden aber vor allem aufgrund deutlicher Rentenerhöhungen, insbesondere infolge kräftiger Lohnzuwächse in den vergangenen beiden Jahren, wieder stärker zulegen. Bei den Arbeitnehmerentgelten schlagen die kräftigen Gehaltssteigerungen der Beschäftigten von Bund und Kommunen zu Buche; zudem sind durch die im Laufe des Jahres 2013 anstehenden Tarifabschlüsse für die Landesbediensteten weitere Ausgabensteigerungen zu erwarten. Nach einem nahezu ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2012 wird sich der Finanzierungssaldo des Staates im Jahr 2013 wieder leicht verschlechtern. Das Finanzierungsdefizit beläuft sich auf 0,3 % in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Im Jahr 2014 dürfte sich der negative Finanzierungssaldo etwas verringern.
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Quelle: IWH Halle