LSG Bayern, Pressemitteilung vom 30.01.2024 zum Urteil L 5 KR 377/22 vom 30.01.2024
Der Fall
Ein junger Ehemann sieht sich im Jahr 2021 unversehens damit konfrontiert, dass er an Hodenkrebs erkrankt ist. Durch die in Aussicht genommene Therapie droht der Verlust der Zeugungsfähigkeit. Verdachtsdiagnose am Donnerstag, Bestätigung am Freitag. Zugleich Termin für Montag zur Spermiengefrierung, da Operationstermin am Mittwoch. Den Anspruch auf Kryokonservierung von Keimzellen hat der Gesetzgeber für solche Fälle bereits 2019 geschaffen. Die Konservierung der Keimzellen erfolgt sodann am Montag über eine Kinderwunschpraxis, die über eine kassenärztliche Zulassung verfügt und auf ihrer Homepage auch die Kryokonservierung von Keimzellen anbietet. Allerdings – was zunächst nicht ohne Weiteres erkennbar ist – erfolgt dies durch eine eigenständige GmbH, die nicht als Leistungserbringer zugelassen ist. Die Krankenkasse will für die Leistungen nicht zahlen, da die Kryokonservierung nicht von einem zugelassenen Leistungserbringer vorgenommen wird. Sie ist der Auffassung, dass der Kläger nach einem zugelassenen Leistungserbringer suchen muss. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern konnte jedoch selbst bis zum Ende des Berufungsverfahrens hierfür keinen einzigen zugelassenen Leistungserbringer in Bayern benennen. Das Sozialgericht hat den Anspruch des Klägers grundsätzlich bejaht. Er habe in einer solchen Situation einen Anspruch auf Erstattung der Kosten auch bei Leistung durch einen nicht zugelassenen Leistungserbringer. Anders könne er seinen gesetzlich vorgesehenen Anspruch nicht verwirklichen.
Die Entscheidung
Das LSG hat mit heutigem Urteil das Recht des Versicherten bestätigt, in einer Situation des Systemversagens der gesetzlichen Krankenversicherung Leistungen eines nicht zugelassenen – aber gleichwohl qualifizierten – Leistungserbringers in Anspruch zu nehmen. In diesem Fall muss die Krankenkasse dem Versicherten die Kosten erstatten, die er für die Konservierung seiner Keimzellen aufwenden musste. Wenn selbst die Kassenärztliche Vereinigung keinen zugelassenen Leistungserbringer benennen kann, sind dem Versicherten weitere Nachforschungen nach zugelassenen Leistungserbringern nicht zumutbar.
Der Senat hat die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Quelle: Bayerisches Landessozialgericht
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