DIHK, Mitteilung vom 01.12.2023
Die Verhandlungen zur europäischen Verordnung über künstliche Intelligenz (AI Act) stehen auf der Kippe. Das Ziel der spanischen EU-Ratspräsidentschaft, bis zum 6. Dezember einen Kompromiss zwischen EU-Parlament und dem Rat herbeizuführen, rückt damit in weite Ferne.
Im aktuellen Impulspapier zum AI Act drängt die DIHK auf eine schnelle Einigung. Deutschland schafft es nur, künstliche Intelligenz (KI) als Schlüsseltechnologie zu erschließen, wenn wir bessere Rahmenbedingungen für die KI-Entwicklung und die Digitalisierung der Wirtschaft erreichen. Zudem werden internationale Kooperationen und Austauschformate immer bedeutender. Zuletzt suchte die deutsche Bundesregierung mit den USA und dem Vereinigten Königreich den Schulterschluss hinsichtlich einheitlicher KI-Regelungen. Internationale, europäische und nationale Initiativen müssen nun in eine gemeinsame strategische Richtung gelenkt werden.
Den AI Act wieder in richtige Bahnen lenken
Zwischen dem EU-Parlament und dem Europäischen Rat herrschen weiterhin große Unstimmigkeiten über zentrale Aspekte des Verordnungsentwurfes und neu eingebrachte Änderungsvorschläge. Besonders groß sind die Differenzen bei den sogenannten Basismodellen, die grundlegende Anwendungen beschreiben und damit die Basis für KI-Zukunftstechnologien bilden.
Frankreich und Deutschland wollen den von der EU-Kommission vermittelten Kompromiss vom 24. Oktober nicht mittragen. Dieser sieht eine zweistufige Klassifizierung vor, nach der KI-Systeme generell mit grundsätzlichen Transparenzpflichten belegt werden und „High impact“-Systeme stärker reguliert werden sollen. Zu „High impact“-Systemen zählen hoch entwickelte KI-Modelle wie beispielsweise ChatGPT, die eine Monopolstellung besitzen und damit erhebliche Auswirkungen auf verschiedene Aspekte der Gesellschaft oder Wirtschaft haben können.
Die Differenzierung stellt dabei unter anderem auf die Trainingsdatenmenge ab. Bei einem solchen Ansatz besteht die Gefahr, dass die Anreize für aufstrebende Unternehmen, KI zu entwickeln, ausgehebelt werden. Die Überregulierung von nationalen Start-ups wäre ein großes Hindernis für die junge Branche.
Aus Sicht der DIHK ist es erforderlich, in diesem Jahr eine Einigung über den AI Act zu erzielen. Eine Verzögerung des Gesetzgebungsprozesses durch die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2024 wäre ein lähmendes Signal an die gesamte Wirtschaft. KI-Modelle finden bereits heute in der Breite der Wirtschaft Anwendung. Dieser Trend wird sich angesichts des zunehmenden internationalen Wettbewerbsdrucks aus den USA und China weiter intensivieren. Damit Innovation nicht gehemmt wird, muss der AI Act auf die Idee des risikobasierten Ansatzes zurückgeführt werden. Er besagt, dass KI-Systeme nach ihrem Risiko klassifiziert und mit entsprechenden Regulierungen belegt werden, damit transparente und sichere Anwendungen möglich sind. Gleichzeitig muss die Verordnung fair gegenüber allen Wirtschaftsakteuren gestaltet sein.
Die Vision von KI „made in Europe“ realisieren
Das künftige KI-Ökosystem wird nicht allein durch den AI Act beeinflusst. Die Entwicklung von KI-Modellen erfordert vielmehr einen Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, qualitativ hochwertigen Datensätzen und Rechenleistung. Hierbei kann Deutschland noch nicht mit den Kapazitäten der USA konkurrieren. Initiativen wie der KI-Aktionsplan des Bundesministeriums für Bildung und Forschung oder die Neuaufsetzung von Förderprogrammen mit KI-Fokus gehen in diese Richtung, verfolgen bisher aber kein ganzheitlich strategisches Ziel.
KI durch Standardisierung in die Anwendung bringen
Für die deutsche und europäische Wettbewerbsfähigkeit ist es ausschlaggebend, dass KI-Modelle nicht nur von KI-Anbietern entwickelt werden, sondern auch als Schlüsseltechnologie in der Breite der Wirtschaft ankommen. Die Mehrheit der Unternehmen wird KI-gestützte Technologien als Produkt oder Service einkaufen. Aus diesem Grund muss das Augenmerk nun stärker als bisher auf der Schaffung einheitlicher Standards und Normen liegen.
Quelle: DIHK
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