DIHK, Mitteilung vom 14.12.2023
Gelungene Unternehmensnachfolgen sind entscheidend für die Zukunft des Mittelstands. Doch nie war es schwieriger, geeignete Interessenten zu finden. Alarmierend ist, dass ein Viertel aller nachfolgesuchenden Unternehmen sogar erwägt, den Betrieb vorzeitig einzustellen. Damit blicken in den nächsten Jahren rund 250.000 Firmen der Schließung entgegen. Das ist ein Ergebnis des aktuellen DIHK-Reportes Unternehmensnachfolge 2023, für den rund 24.000 Kontakte von Beraterinnen und -Beratern der Industrie- und Handelskammern (IHKs) aus dem vergangenen Jahr ausgewertet wurden.
Mehr als drei Unternehmen für einen Interessenten
Mittlerweile erkundigen sich nicht einmal halb so viele potenzielle Nachfolger wie vor der Corona-Pandemie bei ihrer IHK nach einem geeigneten Betrieb, den sie übernehmen könnten: Mit rund 2.000 nach etwa 4.300 Übernahmeinteressierte im Jahr 2019 fällt ihre Zahl auf ein neues historisches Tief seit Beginn der Statistik im Jahr 2007. Die Folge: Inzwischen gibt es in der bundesweiten IHK-Nachfolgeberatung mehr als dreimal so viele Angebote für Firmen wie Übernahmeinteressenten.
Ein wichtiger Grund für das schwindende Interesse ist die demografische Entwicklung, die die Generation potenzieller Nachfolgender zunehmend ausdünnt. Allein dadurch ist der starke Rückgang in den vergangenen beiden Jahren aber nicht zu erklären. Die Unternehmen berichten den IHKs von erheblicher Verunsicherung über die wirtschaftliche Zukunft, immer weiter steigenden Kosten für Energie, Fachkräftemangel sowie von enormer Bürokratie und Regulierungsdichte.
Lage ist im Osten noch enger
In Ostdeutschland gestaltet sich die Suche noch schwieriger: Auf eine Interessentin oder einen Interessenten kommen fast vier Unternehmen auf Nachfolgesuche – eine um etwa ein Viertel schlechtere Quote als in den westlichen Wirtschaftsregionen. Die Ost-West-Abwanderung vergangener Jahrzehnte hat zu einer zusätzlichen Ausdünnung der unternehmerisch aktiveren jüngeren Jahrgänge geführt. Gleichzeitig erreichen viele der Inhaberinnen und Inhaber, die nach der Wende ein Unternehmen gegründet und aufgebaut haben, nun das Ruhestandsalter.
IHKs sensibilisieren und informieren
Im Mittelstand steigt inzwischen das Bewusstsein dafür, sich rechtzeitig der Herausforderung einer geeigneten Nachfolge stellen zu müssen. Das wird bei entsprechenden Informationsveranstaltungen der IHKs deutlich, die im vergangenen Jahr mehr als 24.000 Alt-Inhaberinnen und Alt-Inhaber sowie Übernahmeinteressenten informiert, beraten und zusammengebracht haben.
In der Praxis gibt es vielfältige Hürden für die Unternehmensnachfolge: So fällt es etwa einem Drittel der Senior-Unternehmerinnen und -Unternehmer schwer, „emotional loszulassen“ – überhöhte Kaufpreisvorstellungen gehen oft damit einher. Zudem lassen häufig die Investitionen in die Modernisierung des Betriebs nach – etwa beim Thema Digitalisierung. Das schmälert in Industrie, Gastgewerbe und Handel die Attraktivität des Unternehmens.
Politik ist gefordert
Insgesamt gilt: Eine verlässliche und mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik bildet den besten Nährboden für unternehmerisches Engagement. Eine wichtige Rolle spielen dabei die hohen Energiepreise und Unwägbarkeiten der Energie-Versorgungssicherheit. Die Absenkung der Stromsteuer sollte daher für alle Branchen auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden – 78 Prozent der zur Nachfolge beratenen Unternehmen entstammen dem Handel und den Dienstleistungsbranchen. Ein zweiter wichtiger Baustein wäre die Ausweitung des Stromangebots. Beides ist erreichbar durch die von der DIHK vorgeschlagene gezielte Förderung von StromPartnerschaften in der Wirtschaft.
Letztlich zeigt die Erfahrung: Je einfacher sich der Einstieg gestaltet, desto eher lassen sich auch Kandidaten für die Übernahme finden. Einen zentralen Ansatzpunkt stellt die Bürokratie dar. Ausschlaggebend ist dabei, dass die Betriebe die Entlastung auch in ihrem Alltag konkret spüren. Gleichzeitig ist ein rascher Stopp geplanter Mehrbelastungen wichtig – wie zum Beispiel durch das geplante EU-Lieferkettengesetz. Die Ausnahmen von der „One in, one out“-Regel sollten zudem abgeschafft und die Regel in ein „One in, X out“ weiterentwickelt werden.
Ein wichtiger Hebel für mehr Unternehmertum besteht zudem darin, an Schulen und Hochschulen Themen des wirtschaftlichen Alltags und ökonomische Bildung stärker zu verankern. Und: Vielerorts würden bessere Betreuungsmöglichkeiten helfen, unternehmerisches Engagement und Familie besser in Einklang zu bringen – für Frauen und für Männer.
Quelle: DIHK
Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=114065