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Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Mietverhältnissen (hier: mietvertragliches Wegnahmerecht)

LG Köln, Mitteilung vom 26.03.2024 zur Entscheidung 5 O 97/24 vom 26.03.2024 (nrkr)

Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Mietverhältnissen beschäftigen die Gerichte immer wieder. Aber bin ich als ehemaliger Mieter eines Grundstücks Eigentümer der von mir selbst auf dem Grundstück erstellten Anlagen/Einrichtungen – hier Anlagen zur Stromversorgung – und kann ich den Grundstückseigentümer nach Beendigung des Mietverhältnisses auf Unterlassung der Nutzung in Anspruch nehmen? Das Landgericht Köln entschied in einem Eilverfahren, dass der geltend gemachte Anspruch weder aus Eigentum noch Besitz bestehe und ein mietvertragliches Wegnahmerecht verjährt sei.

Die ehemalige langjährige Mieterin eines großen Festplatzes in Köln begehrt von der beklagten Stadt Köln im Wege eines Eilantrages (einstweiliges Verfügungsverfahren) die Unterlassung der Nutzung von auf dem Grundstück befindlicher Strominfrastruktur, insbesondere in Leerrohren verlegter Stromkabel und Trennstellen (sog. Stromverteilerkästen). Die Antragstellerin führte in der Vergangenheit mehrfach Kirmesveranstaltungen auf dem Gelände durch. Zu diesem Zweck vermietete die Stadt das in ihrem Eigentum stehende Gelände an sie. Für jede Kirmesveranstaltung wurden jeweils befristete Verträge abgeschlossen. Das gesamte Festplatzgelände hatte die Stadt im Jahre 1999 erworben, zum Festplatz umgebaut und dazu unter anderem eine Strominfrastruktur erstellt. Im Jahre 2015 entschied sich die Antragstellerin aufgrund von Auflagen eines Energieversorgers dazu, die auf dem Grundstück vorhandene Strominfrastruktur (Stromkabel und Trennstellen) selbst zu erneuern. Noch im gleichen Jahr bat sie in einem Schreiben an die Stadt um Überlassung des Festplatzgeländes zur Durchführung der Kirmes im Jahre 2017. Dabei stellte sie Einzelheiten der von ihr getätigten Investition in die Erneuerung der Stromversorgung dar und verband ihren Antrag mit der Bitte um eine frühzeitige in Aussichtstellung eines Vertrages für 2017 mit Rücksicht auf eine damit gegebene Planungssicherheit für ihre Mitglieder. Vergleichbares führte sie auch in weiteren Schreiben in den Folgejahren aus. Als weitere Veranstalter ihr Interesse an der Durchführung der Kirmesveranstaltungen bekundeten, entschloss sich die Stadt diese auszuschreiben. Im Februar 2024 erfolgte die Auswahl zwischen der Antragstellerin und einem weiteren Bewerber für die beiden Volksfeste in 2024 mittels Losverfahren. Dabei unterlag die Antragstellerin. Die Antragstellerin verplombte die Stromverteilerkästen, um sie für Dritte unzugänglich zu machen. Daraufhin forderte die Stadt die Antragstellerin mehrfach auf, den Zugang zur Strominfrastruktur zu ermöglichen. Damit war die Antragstellerin nicht einverstanden und leitete das hiesige Eilverfahren ein. Zwischenzeitlich ließ die Stadt die Stromverteilerkästen öffnen und übergab das Festgelände an die derzeitige Veranstalterin der Kirmes.

Die Antragstellerin stützt sich insbesondere darauf, dass die von ihr – völlig neu – eingebrachte Strominfrastruktur von ihr ausschließlich zu dem Zweck installiert worden sei, diese bei den Kirmesveranstaltungen von ihr zu nutzen. Die Anlagenteile hätten nicht in das Eigentum der Stadt übergehen sollen. Die Installation sei in Ausübung ihrer jeweiligen Nutzungsrechte erfolgt. Es handele sich um bloße Scheinbestandteile des Grundstücks. Die Öffnung der Stromverteilerkästen seitens der Stadt stelle zudem verbotene Eigenmacht dar.

Die Stadt ist dagegen insbesondere der Auffassung, als Grundstückseigentümerin auch Eigentümerin der von der Antragstellerin installierten Strominfrastruktur zu sein. Da die Anlagen der Stromversorgung des Festplatzgrundstückes dienten, handele es sich um wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Es sei seitens der Antragstellerin nicht die komplette ursprüngliche Anlage erneuert worden. Zudem beruft sie sich hinsichtlich von Ansprüchen aus dem Mietrecht auf die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht Köln hat den Eilantrag nach Beweisaufnahme mit dem heute, am 26.03.2024, verkündeten Urteil vollumfänglich abgewiesen. Die Antragstellerin habe im Eilverfahren nicht glaubhaft gemacht, dass ihr gegen die Stadt ein Verfügungsanspruch mit dem begehrten Inhalt zustehe. Sie könne von der Stadt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen, dass diese es unterlasse, sich oder Dritten Zugang zu Strominfrastruktureinrichtungen auf dem Grundstück des Festplatzes zu verschaffen. Die von der Antragstellerin errichtete Strominfrastruktur bestehend aus Trennstellen und Stromkabeln stehe im Eigentum der Eigentümerin des Grundstücks, also der Stadt Köln.

Die Kammer führt aus, dass hinsichtlich der rechtlichen Einordnung der Bestandteile der von den Parteien so bezeichneten Strominfrastruktur danach zu unterscheiden sei, ob diese mit dem Grundstück verbunden worden seien. Im Ergebnis führe dies für die Frage der Eigentümerstellung allerdings vorliegend zu keinem Unterschied. Bei den Stromkabeln, die sich in Leerrohren befinden würden, handele es sich rechtlich gesehen um sog. Zubehör des streitgegenständlichen Grundstücks im Sinne des § 97 BGB. Die übrigen Teile der Strominfrastruktur seien sog. wesentliche Bestandteile des Grundstücks im Sinne von § 93 BGB. Im Ergebnis sei die Stadt als Eigentümer des Grundstücks damit rechtlich auch Eigentümer der Bestandteile der Strominfrastruktur auf dem Festplatzgelände.

Hinsichtlich der Stromkabel stehe nach Vernehmung eines Zeugen zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich die Stromkabel mit geringem Aufwand vom Grundstück entfernen ließen. Die Stromkabel würden allerdings dem wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks im Sinne von § 97 BGB dienen. Das Grundstück werde als Festplatzgelände insbesondere für die Durchführung von Kirmesveranstaltungen genutzt. Hierfür würde eine Stromversorgung benötigt, die unter anderem mit den Stromkabeln hergestellt werden könne. Die Stromkabel seien auch dazu bestimmt gewesen, dauerhaft auf dem Festplatzgelände zu dessen Zwecken genutzt zu werden. Es ergebe sich, so das Gericht weiter, insbesondere aus der vorgelegten Korrespondenz zwischen den Parteien, dass zum Zeitpunkt der Einbringung durch die Antragstellerin nicht lediglich eine vorübergehende Benutzung der Stromkabel für den wirtschaftlichen Zweck des Grundstücks gewollt gewesen sei. Es bestehe zwar ein zeitlicher Zusammenhang zur Durchführung der Herbstkirmes im Jahr 2015. Allerdings bringe die Antragstellerin in ihren an die Stadt gerichteten Schreiben, die nach der Installation der neuen Strominfrastruktur verfasst worden seien, zum Ausdruck, dass die Strominfrastruktur und damit auch die Stromkabel dauerhaft auf dem Festplatzgelände genutzt werden sollten. So werde die getätigte Investition durch die Antragstellerin als Argument in der Bewerbung um die Ausrichtung der nächsten Kirmes benutzt. Obwohl noch gar nicht festgestanden habe, dass die nächste Kirmesveranstaltung von der Antragstellerin durchgeführt werden würde, gehe diese davon aus, dass die installierte Strominfrastruktur dann wiederverwendet werden könne.

Zudem werde, wie die Kammer weiter begründet, in einem Schreiben aus 2017 deutlich, dass die Strominfrastruktur nicht nur bei von der Verfügungsklägerin durchgeführten Veranstaltungen genutzt werden soll. Gegen eine nur vorübergehende Benutzung der Stromkabel spreche nach Ansicht der Kammer zudem der Umstand, dass die Stromkabel nach Ablauf der jeweils abgeschlossenen Mietverträge nicht entfernt worden seien, obwohl sich die Antragstellerin in den jeweiligen Verträgen dazu verpflichtet habe, Anlagen von dem Grundstück zu entfernen. Selbst nachdem die Antragstellerin erfahren habe, dass sie im Jahr 2024 keine Kirmes auf dem Gelände veranstalten werde, habe sie die Stromkabel nicht entfernt, weil sie die Hoffnung gehabt habe, in Zukunft wieder als Veranstalterin ausgewählt zu werden. Dies sei aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar, indiziere aber auch, dass ein Einsatz der Stromkabel auf einem anderen Grundstück nicht vorgesehen gewesen sei.

Bei den Trennstellen (Stromverteilungskästen), handele es sich um wesentliche Bestandteile des Grundstücks, weil diese nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grundstück verbunden worden seien. Hier sei, so das Gericht weiter, dieselbe Wertung wie in Bezug auf die Stromkabel vorzunehmen. Es komme hier allein auf die innere Willensrichtung des Verbindenden (hier der Antragstellerin) an. Die zeitliche Begrenzung der Verbindung müsse grundsätzlich von Anfang an – sprich: bereits bei Herstellung der Verbindung – vom Verbindenden beabsichtigt sein oder mit Sicherheit erwartet werden. Eine solche Absicht habe, wie die Kammer bereits ausgeführt habe, aber nicht bestanden.

Nach alledem stehe der Antragstellerin mangels Eigentums kein aus dem Eigentum herrührender Abwehranspruch zu. Sie hätte nach Ablauf des Mietvertrages im Jahr 2015 allerdings einen Anspruch auf Wegnahme der von ihr installierten Strominfrastruktur nach § 539 BGB gehabt. Dieses Recht gelte unabhängig davon, ob die mieterseits eingebrachten Sachen fest mit der Mietsache verbunden seien und dadurch sogar ein Eigentümerwechsel erfolgt sei. Aus dem Wegnahmerecht könne die Antragstellerin vorliegend jedoch keinen Unterlassungsanspruch herleiten. Denn das Wegnahmerecht sei nicht mehr durchsetzbar, da die Verfügungsbeklagte die Einrede der Verjährung erhoben habe. Ansprüche des Mieters auf Wegnahme einer Einrichtung würden in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses verjähren. Hierbei müsse nach Ansicht der Kammer bereits aus Gründen der Rechtssicherheit auf das Mietverhältnis abgestellt werden, in welchem die Einbringung oder Verbindung vorgenommen worden sei. Dies sei das Mietverhältnis gewesen, welches im November 2015 geendet habe. Bei Abschluss weiterer Mietverhältnisse lebe das Wegnahmerecht auch nicht erneut auf.

Ein Anspruch der Antragstellerin bestehe auch nicht aufgrund einer Besitzstörung oder Besitzentziehung durch die Stadt. Ein solcher Anspruch scheitere bereits an dem Umstand, dass die Antragstellerin bis zum Anbringen der Schlösser an den Trennstellen nicht mehr Besitzerin der Trennstellen gewesen sei. Die Mietsache habe sie zu diesem Zeitpunkt bereits zurückgegeben. Erst durch Anbringung der Schlösser habe sie wieder unmittelbaren Besitz erlangt. Dieser sei indes fehlerhaft gewesen, weil der Stadt ohne ihren Willen insoweit durch die Antragstellerin der Besitz entzogen worden sei. Dies schließe einen eigenen Anspruch auf Besitzentziehung aus.

Die am 26.03.2024 verkündete Entscheidung zum Az. 5 O 97/24 ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht Köln

Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=122767

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