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Sozialhilferecht: Widerspruch per einfacher E-Mail ist unwirksam

LSG Hessen, Pressemitteilung vom 07.12.2023 zum Urteil L 4 SO 180/21 vom 07.12.2023

Der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt unterliegt gesetzlichen Formvorschriften. Er kann schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt werden. Wird er in elektronischer Form eingelegt, dann ist eine qualifizierte elektronische Signatur bzw. die Versendung per De-Mail erforderlich. Eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend. Dies entschied in einem am 07.12.2023 veröffentlichten Urteil der 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Schwerbehinderter IT-Journalist widerspricht Sozialhilfebescheid per E-Mail

Ein Fachjournalist für IT-Technik legte gegen einen Sozialhilfebescheid per einfacher E-Mail Widerspruch ein. Die Sozialhilfebehörde teilte dem schwerbehinderten Mann aus dem Werra-Meißner-Kreis unverzüglich mit, dass sie den Widerspruch als unzulässig zurückweise. Es fehle die qualifizierte elektronische Signatur. Er übersandte daraufhin seinen Widerspruch fristgemäß per Fax.

Der 61-jährige Mann legte zudem Klage gegen die Behörde ein, um eine grundsätzliche Regelung zu erreichen. Die Behörde sollte gerichtlich verpflichtet werden, auch formgebundenen Schriftverkehr (insb. die Einlegung von Widersprüchen) per einfache E-Mail zuzulassen. Aufgrund seiner Schwerbehinderung sei es dringend notwendig, mit Behörden und Gerichten einfach und unkompliziert per E-Mail zu kommunizieren. Die Kosten für De-Mail und das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) seien nicht in der Regelbedarfsbemessung für die Sozialhilfe enthalten. Er werde als behinderter Mensch benachteiligt und sein Anspruch auf barrierefreie Kommunikation werde verletzt.

Gesetzliches Formerfordernis verstößt nicht gegen Benachteiligungsverbot

Sozialgericht und Landessozialgericht erklärten die Klage für unbegründet. Der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt unterliege gesetzlichen Formvorschriften. Zwar sei auch eine elektronische Übermittlung vorgesehen. Voraussetzung sei aber eine qualifizierte elektronische Signatur. Es müsse erkennbar sein, dass nur solche Schreiben als Widerspruch gewertet werden, aus denen sich klar ergebe, dass sie von dem Betreffenden willentlich in den Verkehr gebracht worden sind. Dies sei bei einer einfachen E-Mail nicht gegeben.

Der Kläger werde hierdurch nicht in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Zwar seien Menschen gemäß Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz wirksam davor zu schützen, wegen einer Behinderung benachteiligt zu werden. Eine Benachteiligung könne zum Beispiel in einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt liegen, der nicht hinlänglich kompensiert werde. Hiervon sei bei dem Kläger jedoch nicht auszugehen. Er nutze ein Fax-Gerät, mit welchem formgerecht Widerspruch und andere Rechtsmittel eingelegt werden könnten. Damit könne er sich nicht erfolgreich auf die Erschwernisse bei der Einrichtung des gesetzeskonformen Übertragungsweges bzw. einer Möglichkeit zur qualifizierten elektronischen Signatur berufen.

Darüber hinaus bleibe es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, den barrierefreien Zugang zu behördlichem und gerichtlichem Rechtsschutz näher auszugestalten.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht Darmstadt

Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=113704

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