BRAK, Mitteilung vom 21.11.2023
Der Bundestag hat das Gesetz zu Videokonferenztechnik in Zivil- und Fachgerichtsbarkeiten beschlossen. Dem gingen einige Änderungen des Entwurfs voraus.
Am Freitag, den 17. November 2023, hat der Bundestag in zweiter und dritter Lesung das Gesetz „zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten“ beraten. Der Entwurf wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP beschlossen; die CDU/CSU und AfD stimmten dagegen.
Das Gesetzesvorhaben regelt mehrere Vorschriften der ZPO, EGZPO und anderer Gesetze neu; Kern ist aber eine Novellierung des § 128a ZPO, „Verhandlung im Wege der Bild- und Tonübertragung“. Im parlamentarischen Verfahren wurde der ursprüngliche Kabinettsentwurf noch einmal weiter modifiziert, was im Rechtsausschuss am Mittwoch, den 15. November 2023 beschlossen wurde, worüber die BRAK bereits berichtete.
Änderungen in der ZPO
Die nun beschlossene Fassung sieht vor, dass das Gericht in geeigneten Fällen eine Videoverhandlung gestatten oder anordnen kann. Die Parteien können gegen eine solche Anordnung Einspruch einlegen, in dem Fall kann die einsprechende Partei in Präsenz verhandeln, während die andere Partei weiterhin per Videoübertragung verhandeln können soll. So soll vermieden werden, dass eine Partei die andere aus taktischen Gründen zu einer Präsenzverhandlung „zwingt“. Wird eine Videoverhandlung beantragt und lehnt das Gericht diese ab, so hat das Gericht dies einzelfallbezogen zu begründen.
Eine weiter Neuerung, auch gegenüber dem Kabinettsentwurf: In Fällen, in denen alle Verfahrensbeteiligten und Mitglieder des Gerichts per Videoübertragung teilnehmen, kann der oder die Vorsitzende die Videoverhandlung auch von einem anderen Ort als der Geschäftsstelle aus leiten kann und auch ein Urteil fällen. Eine Verhandlung aus dem Home-Office könnte so bald Wirklichkeit werden. In solchen Fällen soll die Videoverhandlung an einen öffentlich zugänglichen Raum im Gerichtsgebäude übertragen werden, um den Grundsatz der Öffentlichkeit zu wahren.
Parlamentarische Debatte
Insbesondere der letzte Aspekt des Gesetzesvorhabens stieß in der parlamentarischen Debatte bei der Unionsfraktion auf Unmut: so fürchteten Vertreter der CDU/CSU-Fraktion um das Ansehen der Richterinnen und Richter und die Würde des Gerichts, wenn sich in der Bevölkerung die Auffassung verbreite, dass Urteile aus der Bequemlichkeit des Zuhauses gesprochen würden.
Demgegenüber betonten Vertreterinnen und Vertreter der Koalitionsfraktionen den Gewinn von Transparenz und Erfahrbarkeit des Rechtsstaats für die Bürgerinnen und Bürger.
Kernthema der Debatte war die Effizienz der Justiz. Nach den Fraktionen, die den Gesetzesentwurf befürworteten, sei es wesentlich, den Prozessbeteiligten das Gefühl zu geben, schnell zu einem guten Urteil zu kommen. Die Gegner des Vorhabens sahen das Problem hingegen mehr bei der technischen Ausstattung der Gerichte und forderten, statt „einzelner digitaler Leuchttürme“ neue Ressourcen für die Justiz zu schaffen.
Ob das Gesetz seinen Zielen, Gerichtsverfahren in Zukunft schneller, flexibler und günstiger durchführen zu können, gerecht wird, bleibt also abzuwarten.
Quelle: BRAK
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