Stellungnahme der BStBK zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils in der Rs. C-284/09 (Streubesitzdividenden)

BStBK, Stellungnahme vom 16.11.2012

Die BStBK bedankt sich bei Frau Dr. Reinemund, der Vorsitzenden des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags, für die Einladung zur öffentliche Anhörung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rs. C-284/09 (Streubesitzdividende) und nimmt die Gelegenheit gerne wahr, sich vorab schriftlich zu diesem Gesetzesentwurf zu äußern.

Auszug

Wir begrüßen die im Gesetzentwurf vorgesehene Erweiterung der Steuerfreiheit, um den durch das EuGH-Urteil vom 20. Oktober 2011 in der Rs. C-284/09 durch ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland festgestellten Verstoß der bisherigen gesetzlichen Regelung gegen die Kapitalverkehrsfreiheit zu beseitigen.

Die alternative Möglichkeit der Auflösung der Unionswidrigkeit durch Aufhebung der Steuerfreiheit für Streubesitzdividenden auch in reinen Inlandsfällen würde schädliche Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Deutschland nach sich ziehen.

Bitte gestatten Sie es uns, einige Argumente vorzutragen, die wir bereits in unserer Stellungnahme zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 – Drucksache 17/10000 – vom 17. September 2012 vorgetragen haben.
Eine Aufgabe der Steuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG würde zu einer Mehrfachbesteuerung und damit zu einem Systembruch führen. Die Einführung einer Schedulenbesteuerung, wie sie seinerzeit vom Bundesrat vorgeschlagen worden ist, würde die Unternehmensbesteuerung erheblich verkomplizieren, was im Widerspruch zum Koalitionsvertrag stünde. Zudem wäre sie mit dem Gebot einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Problem auch des Verlustausgleichs) schwer zu vereinbaren.

Eine Besteuerung auch von Steuerinländern würde an einer Schlechterstellung von beschränkt Steuerpflichtigen nichts ändern, denn inländische Körperschaften werden im Rahmen der Veranlagung (mit Quellensteueranrechnung) bedingungsfrei mit einem Steuersatz von nur 15 % besteuert.

Ausländische Körperschaften unterliegen dagegen grundsätzlich einem Abzugssteuersatz von 25 % und könnten eine Reduktion auf 15 % im Wege des § 44a Abs. 9 EStG nur erreichen, wenn sie die Voraussetzungen des § 50d Abs. 3 EStG erfüllen.

Auf die aus unserer Sicht problematische Anwendung der Rechtsnorm des § 50d Abs. 3 EStG auch im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfes nehmen wir in unserer Stellungnahme nachstehend Bezug.
Im Übrigen können inländische Körperschaften selbstverständlich ihre Betriebsausgaben, die mit den Dividenden im Zusammenhang stehen, abziehen, während dieses ausländischen Körperschaften verwehrt würde.
Ein erheblicher Nachteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland wäre der sog. "Kaskadeneffekt" mehrerer Ausschüttungen in einer Beteiligungskette, weil jede Ausschüttung eine weitere Steuerbelastung nach sich ziehen würde, sofern keine Anrechnung erfolgte. Angesichts der gerade in der letzten Zeit aufgeworfenen Fragen einer ausreichenden Sicherung im Alter dürfte sich die Aufhebung der Steuerbefreiung von Streubesitzdividenden bereits unter diesem Aspekt von selbst verbieten.

Schließlich würde die Abschaffung der Steuerbefreiung für Streubesitzdividenden durch Deutschland in Zukunft die Erfolgsaussichten der von deutschen Antragstellern im Ausland gestellten Erstattungsanträge mindern, weil dadurch eine steuerliche Basis für die Anrechnung der ausländischen Quellensteuern in Deutschland geschaffen und der jeweilige ausländische Staat diese Quellensteuern nicht mehr erstatten würde. Dies hätte zur Folge, dass die ausländischen Fisci von der Einführung der Steuerpflicht für Streubesitzdividenden in Deutschland profitieren würden. Der deutsche Fiskus würde hingegen durch seine Anrechnungsverpflichtung der nicht erstatteten ausländischen Quellensteuern zusätzlich belastet.

Als Anlage erhalten Sie unsere Stellungnahme.

Quelle: BStBK