EU-Kommission, Pressemitteilung vom 09.01.2013
Um auf den Pfad von Wachstum und Beschäftigung zurückzukehren, braucht Europa mehr Unternehmerinnen und Unternehmer. Mit 4 Millionen neuer Arbeitsplätze im Jahr, tragen junge Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere (KMU), am stärksten zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa bei. Deshalb legte der Vizepräsident der Europäischen Kommission Antonio Tajani am 09.01.2013 einen Aktionsplan zur Förderung des Unternehmertums und zur Einleitung eines radikalen Wandels der Unternehmerkultur in Europa vor. In dem Plan wird die entscheidende Bedeutung der allgemeinen und beruflichen Bildung zur Förderung einer neuen Generation von Unternehmern hervorgehoben. Zudem enthält er konkrete Maßnahmen, um junge Menschen, Frauen, Senioren, Migranten und Arbeitslose für das Unternehmertum zu gewinnen. Durch die hohe Arbeitslosigkeit in der EU bleiben, gerade unter Frauen und jungen Menschen, große Potenziale ungenutzt. Um den Weg zum Unternehmertum freizumachen, sieht der Aktionsplan ambitionierte Maßnahmen vor, wie die Erleichterung von Unternehmensgründungen und Start-ups, die erfolgreichere Gestaltung von Übernehmensübertragungen, die Verbesserung des Zugangs zu Finanzierungen und eine zweite Chance für redliche Unternehmer nach der Insolvenz.
Der für Unternehmertum und Industrie zuständige Kommissar Antonio Tajani betonte: "Um es auf den Punkt zu bringen: Mehr Unternehmer heißt mehr Arbeitsplätze, mehr Innovation und mehr Wettbewerbsfähigkeit. Eine Geschäftsidee zu verwirklichen und Unternehmer zu werden, erfordert großen Einsatz und ist mit einem hohen persönlichen Risiko verbunden. Unternehmer sind die Helden unserer Zeit. Unternehmertum hat sich in der Geschichte als entscheidende Triebfeder für wirtschaftliches Wachstum erwiesen. Deshalb wollen wir das Unternehmertum für Bürgerinnen und Bürger in Europa zu einer attraktiven und realistischen beruflichen Perspektive machen. Das ist die Kernbotschaft unseres Aktionsplans. Wenn es uns gelingt, Europas unternehmerische Potential freizusetzen, dann können wir die EU auf den Wachstumspfad zurückbringen."
Laut der Eurobarometer-Umfrage zum Unternehmertum 2012 (MEMO/13/7) ist der Anteil der EU-Bürgerinnen und Bürgern, die gerne ihr eigener Chef wären, in den letzten drei Jahren von 45 % auf 37 % gefallen. Dieser Rückgang ist auf die Wirtschaftskrise und die eingetrübten Geschäftsaussichten zurückzuführen.
– MEMO/13/5 zum Unternehmertum als zentraler Triebfeder für wirtschaftliches Wachstum |
Unternehmerische Bildung fördert Unternehmensgründungen
Zwischen 15 % und 20 % der Schülerinnen und Schüler, die in der Sekundarschule an einem Schülerfirmenprojekt teilnehmen, gründen später ihr eigenes Unternehmen; dieser Anteil ist drei bis fünf Mal höher als in der Gesamtbevölkerung. Durch unternehmerische Bildung an Hochschulen kann die Gründung von wachstumsintensiven Unternehmen im Hochtechnologiebereich stimuliert werden, indem Unternehmensökosysteme, Partnerschaften und Kooperationen mit der Industrie gefördert werden.
Der Aktionsplan nennt sechs Schlüsselbereiche für Maßnahmen zur Schaffung eines Umfelds, in dem neu gegründete Unternehmen wachsen und gedeihen können:
- Zugang zu Finanzierungen: Neben dem Ausbau bereits bestehender Finanzierungsinstrumente schlägt die Kommission die Schaffung eines Europäischen Marktes für Mikrofinanzierungen und eine Vereinfachung der steuerlichen Regelungen für KMU vor, so dass diese sich künftig über private Direktinvestitionen (wie Kleinanleihen, Gruppenfinanzierungen, Investitionen durch Business Angel) finanzieren können.
- Unterstützung in den wichtigen Phasen des Unternehmenslebenszyklus: Rund 50 % aller Neugründungen scheitern in den ersten fünf Jahren. Deshalb sollten die Mitgliedstaaten mehr Ressourcen zur Unterstützung junger Unternehmen in dieser kritischen Phase bereitstellen, beispielsweise in Form von Managementschulungen, FuE-Coaching und der Förderung der Vernetzung mit anderen Unternehmen, potenziellen Lieferanten und Kunden.
- Erschließung neuer Geschäftspotenziale im digitalen Zeitalter: KMU wachsen doppelt bis dreimal so schnell, wenn sie Informations- und Kommunikationstechnologien offensiv nutzen. Die verstärkte Förderung von Web-Neugründungen und von webbasierter Kompetenzentwicklung kann nicht nur Web-Unternehmen sondern auch traditionelleren Unternehmen zugutekommen.
- Vereinfachte Übernehmensübertragungen: Jährlich werden in Europa ca. 450.000 Unternehmen übertragen, wovon insgesamt rund 2 Millionen Arbeitnehmer betroffen sind. Schätzungen zufolge müssen 150.000 dieser Unternehmen aufgrund der Übertragung schließen, wodurch 600.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Die Kommission schlägt vor, die Unternehmensmärkte zu erweitern und Hürden bei der länderübergreifenden Unternehmensübertragung abzubauen.
- Zweite Chance für redlich insolvente Unternehmer: Die überwältigende Mehrheit (96 %) aller Insolvenzen ist einer Reihe verspäteter Zahlungen und anderen praktischen Problemen geschuldet. Im zweiten Anlauf sind Unternehmer dann aber oft erfolgreicher. Der jüngste Vorschlag der Kommission lautet deshalb, sich mehr darauf zu konzentrieren, junge Unternehmen bei der Bewältigung finanzieller Schwierigkeiten zu unterstützen, statt diese abzuwickeln (IP/12/1354).
- Bürokratieabbau: Die Kommission wird die Verringerung des Verwaltungsaufwands energisch vorantreiben.
Zudem beabsichtigt die Kommission das unternehmerische Potenzial bestimmter Bevölkerungsgruppen besonders zu fördern:
- Frauen: Lediglich 34,4 % der Selbständigen in Europa sind Frauen. Dies legt nahe, dass Frauen mehr Förderung und Unterstützung bedürfen, um unternehmerisch tätig zu werden.
- Senioren: Geschäftsleute im Ruhestand verfügen über wertvolles Fachwissen, das an die junge Generation weitervermittelt werden sollte, um Jungunternehmern die Firmengründung zu erleichtern.
- Migranten: Für Menschen mit Migrationshintergrund, die auf dem Arbeitsmarkt oft mit Problemen konfrontiert sind, birgt die Selbständigkeit eine einmalige Chance zu wirtschaftlicher Unabhängigkeit und sozialer Integration.
- Arbeitslose: Die Unternehmensgründungsförderung für Arbeitslose sollte Schulungen, Beratung in Managementfragen und Mentoring umfassen.
In enger Kooperation mit den Mitgliedstaaten, den Unternehmensverbänden und den betroffenen Interessenträgern wird die Kommission ab sofort an der Umsetzung des Aktionsplans und an einem detaillierten Fahrplan mit Einzelzielen und Fristen für die Vorlage konkreter Ergebnisse arbeiten, um Europa aus der Krise zu führen.
37 % der EU-Bürgerinnen und -Bürger wären gern ihr eigener Chef
Vier von zehn Europäern wären gerne selbständig. Gelänge es, dieses Potenzial zu nutzen, kämen zu den fast 21 Millionen KMU in der EU Millionen Neugründungen hinzu. Jedoch halten unterschiedliche Faktoren die EU-Bürger davon ab, den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen. Insbesondere Angst vor der Insolvenz und das mit einem unregelmäßigen Einkommen verbundene Risiko sind hier zu nennen. Aus dem heute von Vizepräsident Antonio Tajani vorgestellten Flash Eurobarometer "Entrepreneurship in the EU and beyond" (Unternehmertum in der EU und darüber hinaus, FL354) geht aber auch deutlich hervor, dass 2009 mehr Europäer (45 %) an einer Selbständigkeit interessiert waren. Dies entspricht einem Rückgang von 20 % innerhalb von drei Jahren, in dem sich die aktuelle wirtschaftliche Lage mit eingetrübten Geschäftsaussichten widerspiegelt.
Und dennoch spielen Millionen von Menschen auch weiterhin mit dem Gedanken, ihr eigener Chef zu werden; es lockt die Aussicht auf Unabhängigkeit, ein besseres Einkommen, freie Wahl des Arbeitsortes und freie Zeiteinteilung.
Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage der EU-Kommission.
Quelle: EU-Kommission