Rat der EU, Pressemitteilung vom 25.09.2024
Der Rat der EU hat heute sein Verhandlungsmandat für ein Maßnahmenpaket angenommen, mit dem der Rahmen für die alternative Streitbeilegung (AS) an die Herausforderungen der digitalen Welt angepasst werden soll. Viele Verbraucher sehen bei Unstimmigkeiten mit einem Unternehmen von einem Rechtsstreit ab. Gründe dafür sind etwa der geringe Streitwert, die langwierigen Verfahren oder das mangelnde Vertrauen in eine zufriedenstellende Lösung. AS-Mechanismen bieten Verbrauchern die Möglichkeit, ihre Streitigkeiten mit Unternehmen beizulegen, ohne vor Gericht zu ziehen.
Der Standpunkt des Rates betrifft die Überarbeitung der AS-Richtlinie sowie die Verordnung über die Einstellung der Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS). Ziel diese Gesetzgebungsvorschläge ist es, die Bandbreite der Fälle zu erweitern, die außergerichtlich geregelt werden können, und die AS-Mechanismen leichter, schneller und attraktiver sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen zu gestalten.
Mit dem heute angenommenen Verhandlungsmandat wird der Anwendungsbereich der Richtlinie auf vertragliche Streitigkeiten und auf das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten beschränkt. Es werden mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, mit denen der Aufwand für alle Akteure verringert und die Kommission ermächtigt werden soll, die bestehende OS-Plattform durch ein neues digitales Instrument zu ersetzen.
Streitbeilegungsinstrumente für das digitale Zeitalter
Mit dem Kommissionvorschlag wird der Anwendungsbereich der Richtlinie auf alle Dimensionen der EU-Verbraucherschutzvorschriften und alle Arten von Unternehmen, einschließlich Händler aus Drittländern, ausgeweitet. Die überarbeitete Richtlinie soll alle Arten unlauterer Praktiken abdecken (z. B. manipulative Schnittstellen und Werbung sowie Geoblocking-Mechanismen), die von der derzeitigen Richtlinie nicht erfasst werden.
Mit dem Kommissionsvorschlag wird die Freiheit von Unternehmen geschützt, auf AS-Verfahren zurückzugreifen oder vor Gericht zu ziehen. Falls jedoch ein Verbraucher eine alternative Streitbeilegung beantragt, muss das betreffende Unternehmen innerhalb von 20 Arbeitstagen auf die Anfrage einer AS-Stelle antworten. Damit sollen Unternehmen dazu bewegt werden, sich an AS-Verfahren zu beteiligen. Im Kommissionsvorschlag sind mehrere Maßnahmen insbesondere zugunsten der schutzbedürftigsten Verbraucher vorgesehen, darunter Hilfe bei der Einleitung eines AS-Verfahrens, Übersetzungen und Beratung während des gesamten Verfahrens.
Mandat des Rates
Anwendungsbereich der Richtlinie
Aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung einer wirksamen Umsetzung beschränkt der Rat in seinem Standpunkt den Anwendungsbereich der AS-Richtlinie auf Streitigkeiten, die sich aus einem Vertrag ergeben, anstatt – wie von der Kommission vorgeschlagen – auch außervertragliche Streitigkeiten einzubeziehen. Im Mandat wird jedoch klargestellt, dass die vertraglichen Verpflichtungen die Phasen vor dem Abschluss eines Vertrags (z. B. Werbung, Informationsbereitstellung) und nach Vertragsende (z. B. Nutzung digitaler Inhalte) mit einschließen.
Weniger Aufwand für AS-Stellen
Was den geografischen Geltungsbereich betrifft, so ermöglicht es der Standpunkt des Rates den Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer nationalen Rechtsvorschriften über die Anwendung von AS-Verfahren auf Streitigkeiten mit Händlern aus Drittländern zu entscheiden. Damit sollen die Wirksamkeit und das Funktionieren des Systems in der Praxis erhalten und ein unverhältnismäßiger administrativer und finanzieller Aufwand für die AS-Stellen vermieden werden.
In dem Verhandlungsmandat wird klargestellt, dass die AS sowohl in digitaler als auch in nicht digitaler Form zugänglich ist, damit ein hohes Maß an Verbraucherschutz erhalten wird. Darüber hinaus wird präzisiert, dass Unternehmen die Verbraucher vorab informieren müssen, wenn automatisierte Systeme ohne hohes Risiko (d. h. Bots oder künstliche Intelligenz) in AS-Entscheidungsprozessen eingesetzt werden, wie dies bei Hochrisikosystemen im Rahmen der Verordnung über künstliche Intelligenz der Fall ist.
Den Mitgliedstaaten wird gemäß dem Standpunkt des Rates Flexibilität eingeräumt, um die Bedingungen für die Bündelung von Fällen auf nationaler Ebene festzulegen. Damit kann die Richtlinie an die verschiedenen nationalen Systeme für die Bearbeitung von Beschwerden angepasst werden.
Mit dem Mandat des Rates wird die Frist, in der die Händler auf eine Anfrage einer AS-Stelle antworten müssen, im Falle komplexer Streitigkeiten oder außergewöhnlicher Umstände von 20 auf 40 Arbeitstage verlängert. Der Verbraucher muss über die Verlängerung informiert werden.
Falls der Händler nicht innerhalb dieser Frist antwortet, kann die AS-Stelle davon ausgehen, dass er die Beteiligung an einem AS-Verfahren ablehnt. Händler müssen nicht antworten, wenn ihre Beteiligung verpflichtend ist, wenn AS-Ergebnisse ohne ihre Zustimmung zur Beteiligung erzielt werden können, oder wenn sie sich bereits vertraglich zur AS verpflichtet haben.
Meldepflichten
Mit dem Standpunkt des Rates wird die Frist für die Vorlage des vierjährlichen Berichts über die Entwicklung und Arbeitsweise von AS-Stellen vom 9. Juli 2024 auf den 1. November 2024 verschoben. Damit erhalten AS-Stellen mehr Zeit, um ihre Berichte den zuständigen Behörden zu übermitteln.
OS-Plattform
Die Kommission hat vorgeschlagen, die OS-Plattform einzustellen und sie durch ein digitales interaktives Instrument zu ersetzen, um Kontinuität zu gewährleisten. Mit dem Mandat des Rates wird der Kommission eine Frist von drei Monaten ab Inkrafttreten der überarbeiteten AS-Richtlinie für die Entwicklung dieses Instruments gesetzt. Außerdem muss die Kommission dieses Instrument fördern und für seine technische Wartung sorgen. Schließlich hat die Kommission ein Netzwerk von AS-Kontaktstellen einzurichten.
Umsetzungsfrist
Das Verhandlungsmandat räumt den Mitgliedstaaten ein zusätzliches Jahr ein, um alle erforderlichen nationalen Gesetzgebungsverfahren durchzuführen. Dieses zusätzliche Jahr wird auch anderen Akteuren dabei helfen, sich an die neuen Anforderungen anzupassen.
Nächste Schritte
Mit dem am 25.09.2024 vereinbarten Verhandlungsmandat wird der Standpunkt des Rates formalisiert und dem Ratsvorsitz ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament erteilt.
Quelle: Rat der EU
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