DIHK, Pressemitteilung vom 21.02.2013
Die Weltwirtschaft bewegt sich in schwierigem Fahrwasser. Neue Impulse könnte der Abbau von Handelshemmnissen bringen, allerdings dominiert derzeit das Gegenteil das außenwirtschaftliche Umfeld: Mehr als ein Drittel der Betriebe berichtet – laut DIHK-Umfrage – von zunehmenden Barrieren auf den Weltmärkten. Während internationale Verhandlungen meist erfolglos bleiben, nehmen bilaterale Vereinbarungen zu.
Der Katalog an Maßnahmen, zu dem einige Länder greifen, um ausländische Konkurrenz fernzuhalten, ist lang und phantasievoll: neue Anforderungen bei Zertifizierungen, Sicherheitsstandards, Genehmigungsverfahren oder der Zwang zu signifikanten lokalen Produktionsanteilen. Gestaltungsspielräume in multilateral nicht geregelten Bereichen werden dabei ausgenutzt. Heraus kommen Regelungen wie eine Recyclingsteuer auf Autoimporte in Russland, Zollerhöhungen auf Textilien und Bekleidung in der Türkei oder auch 86 neue Standards für Stahl-, Keramik-, Textilien oder Schuhimporte in Indonesien.
Seit Jahren stocken die Verhandlungen bei der Welthandelsorganisation WTO zum weltweiten Abbau von Handelshürden. Eine zügige Einigung ist angesichts der widerstrebenden Interessen zwischen Schwellen- und Industrieländern unwahrscheinlich. Indien und China weigern sich z. B., ihre Agrarmärkte zu öffnen. Zudem sind die Verhandlungen häufig mit Forderungen an Entwicklungs-, Sozial- oder Umweltpolitik überladen. Daher haben sich Staaten-Gruppen zu sektorspezifischen Abkommen unter dem WTO-Schirm zusammengeschlossen, wie bei Informationstechnologien (ITA) und öffentlichen Beschaffungen (GPA). Das ist ein richtiger Weg, allerdings gilt es hier, den Unterzeichnerkreis auszuweiten.
Die Doha-Entwicklungsagenda der WTO mit dem Ziel, die Märkte weltweit weiter zu öffnen, steht still. Das führt zur vermehrten Dynamik bei bilateralen und regionalen Freihandelsabkommen. Die USA und EU haben transatlantische Verhandlungen angekündigt, die USA zudem eine ehrgeizige transpazifische Initiative gestartet. Auch die EU plant nach Abschluss der Abkommen mit Korea, Kolumbien und Peru sowie Zentralamerika und Singapur weitere Schritte. Es gilt, die letzten Hürden bei EU-Gesprächen mit Kanada und Indien zu überwinden. Verhandlungen mit Japan sind beschlossen, erste Gespräche mit Vietnam geführt. China will seinerseits mit Japan und Korea verhandeln, die ASEAN-Staaten streben einen gemeinsamen Binnenmarkt an. Der Aufbruch – der auch für neuen Schwung bei der WTO sorgen sollte – ist gut, die Abkommen dürfen aber nicht zu mehr Bürokratie für die Unternehmen führen. Solche könnte die Vorteile des Zollabbaus konterkarieren.
Die deutsche Exportwirtschaft könnte allein durch einen Abschluss der Doha-Welthandelsrunde um einen Prozentpunkt pro Jahr zusätzlich wachsen. Würde die EU ihre derzeitigen Verhandlungen zügig abschließen, käme ein weiterer Prozentpunkt hinzu. Der Erfolg hängt am politischen Willen und nicht an technischen Hindernissen. Die aktuelle politische Dynamik sollte in Abstimmung mit der Wirtschaft genutzt werden, um eine Freihandelsstrategie zu entwickeln: Hemmnisse müssen gebrandmarkt und mit konsequentem Einsatz des WTO-Streitschlichtungsverfahrens bekämpft werden. Kein Sektor sollte aus den Verhandlungen ausgenommen werden, damit das Interesse der Gesamtwirtschaft nicht den Anliegen einzelner Branchen zum Opfer fällt. In diesem Jahr sollte daher auf WTO-Ebene endlich ein Befreiungsschlag erfolgen. Denn Freihandel nutzt allen Staaten.
Quelle: DIHK