Weltkonjunktur bleibt vorerst schwach

IfW Kiel, Pressemitteilung vom 18.12.2012

Die Weltkonjunktur hat im Jahr 2012 weiter an Fahrt verloren. Zur Jahreswende 2012/13 scheint der Tiefpunkt der globalen konjunkturellen Dynamik zwar durchschritten zu sein. Doch belasten Unsicherheiten den Ausblick, die insbesondere im Zusammenhang mit der Staatsschuldenkrise im Euroraum und dem zukünftigen finanzpolitischen Kurs in den Vereinigten Staaten stehen. Für die Prognose ist angenommen, dass sich die Lage im Euroraum allmählich weiter entspannt. Bezüglich der Finanzpolitik in den Vereinigten Staaten unterstellen wir, dass ein Kompromiss erzielt wird, der zwar die Konjunktur im kommenden Jahr merklich dämpft, die Perspektiven auf die mittlere Frist aber verbessert. Unter diesen Voraussetzungen erwarten wir, dass die Produktion in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften im Winterhalbjahr 2012/13 allenfalls sehr schwach zulegen und danach langsam an Schwung gewinnen wird. Die Wirtschaft in den Schwellenländern wird auch dank wirtschaftspolitischer Anregungen im Verlauf des kommenden Jahres zunehmend Fahrt aufnehmen. Die Weltproduktion insgesamt dürfte im Jahr 2013 mit einer Rate von 3,4 Prozent nochmals in sehr mäßigem Tempo expandieren, nach voraussichtlich 3,2 Prozent im zu Ende gehenden Jahr. Für 2014 erwarten wir eine wieder etwas stärkere Zunahme des globalen Bruttoinlandsprodukts (3,9 Prozent).

Die Weltkonjunktur hat im Jahr 2012 weiter an Fahrt verloren. Im Jahresdurchschnitt dürfte die Weltproduktion nur noch um 3,2 Prozent gestiegen sein, nachdem schon im Jahr zuvor mit 3,8 Prozent nur noch ein recht moderater Anstieg verzeichnet worden war. Sehr mäßig fiel der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften aus, der Euroraum rutschte gar in eine Rezession. Aber auch in den Entwicklungs- und Schwellenländern, deren Wirtschaft in der Phase der Erholung unmittelbar nach der Finanzkrise sehr kräftig expandiert war, ließ die konjunkturelle Dynamik stark nach.

Im dritten Quartal ist die Zuwachsrate der Weltproduktion mit einer laufenden Jahresrate von schätzungsweise 2,7 Prozent wieder etwas stärker ausgefallen als im zweiten Quartal, in dem mit 1,8 Prozent der geringste Zuwachs seit Überwindung der Großen Rezession verzeichnet wurde. Anscheinend ist der Tiefpunkt der globalen konjunkturellen Dynamik inzwischen durchschritten worden, denn der IfW-Indikator für die weltwirtschaftliche Aktivität, der auf der Basis von Stimmungsindikatoren aus 42 Ländern berechnet wird, hat sich im letzten Quartal des Jahres vor allem wegen einer Verbesserung der Stimmung in den Schwellenländern wieder etwas erhöht.

Unsicherheiten überschatten den Ausblick

Die Weltwirtschaft steht zur Jahreswende 2012/13 unter dem Eindruck der Krise im Euroraum, von Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit dem Kurs der Finanzpolitik in den Vereinigten Staaten und einer abgeschwächten Dynamik in den Schwellenländern. Maßnahmen wie die Bereitschaft der EZB, gegebenenfalls Staatsanleihen bedrängter Länder in unbegrenzter Höhe aufzukaufen, Äußerungen der politischen Parteien in den Vereinigten Staaten, die Kompromissbereitschaft signalisieren, sowie Indikatoren, die auf einen wieder schnelleren Wirtschaftsgang in den Schwellenländern hindeuten, haben zwar die Turbulenzen an den Finanzmärkten eingedämmt. Nach wie vor ist die Nervosität aber groß, und die zu Grunde liegenden Probleme sind weiterhin nicht gelöst.

Bezüglich der Entwicklung der Krise im Euroraum nehmen wir an, dass sich die Lage an den Finanzmärkten im Vertrauen auf die Wirksamkeit der installierten Rettungsmechanismen und die Umsetzung der notwendigen Konsolidierungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen in den Krisenländern allmählich weiter entspannt. Es ist aber zu erwarten, dass die gegenwärtige Situation hoher Unsicherheit noch geraume Zeit anhält, bevor es der Politik gelingt, eine glaubwürdige Perspektive für die Fortentwicklung des Euroraums zu vermitteln und die Risikoprämien sowie die Volatilität an den Finanzmärkten wieder spürbar sinken. Gleichzeitig bleibt das Risiko groß, dass sich die Situation abermals erheblich verschärft, etwa wenn weitere größere Länder des Euroraums in die Nähe einer Insolvenz kommen.

Beträchtliche Risiken gehen nach unserer Einschätzung zudem davon aus, dass die Geldpolitik in den großen fortgeschrittenen Volkswirtschaften versucht, die realwirtschaftlichen Auswirkungen der Krisen an Immobilienmärkten und im Finanzsektor dadurch zu dämpfen, dass sie Wertpapiere aufkauft sowie die Anforderungen an die Qualität der Sicherheiten stark vermindert hat. Auch wenn die unmittelbaren Inflationsgefahren derzeit in Anbetracht der schwachen Nachfrageentwicklung begrenzt scheinen, steigt doch das Risiko, dass sich die Inflationserwartungen aus ihrer Verankerung lösen, je länger diese Politik beibehalten wird.

Ausblick: Allmählich wieder stärkere Expansion der Weltwirtschaft

Die Weltkonjunktur dürfte in den kommenden beiden Jahren zwar an Fahrt gewinnen, eine hohe Dynamik ist aber vorerst nicht zu erwarten. Während die Schwellenländer im Allgemeinen geld- und finanzpolitischen Spielraum besitzen, der Konjunkturschwäche zu begegnen, sind die wirtschaftspolitischen Optionen in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften begrenzt. Hier bleibt die Geldpolitik über den gesamten Prognosezeitraum zwar expansiv ausgerichtet, die konjunkturellen Wirkungen werden aber nach wie vor durch Anpassungsprozesse im privaten Sektor gedämpft. Zudem gehen von der Finanzpolitik im Jahr 2013 und in etwas geringerem Maße auch im Jahr 2014 erhebliche dämpfende Wirkungen aus.

Die Konjunktur wird in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften unter diesen Voraussetzungen im Winterhalbjahr 2012/13 sehr schwach expandieren und danach nur langsam an Fahrt gewinnen. Insgesamt rechnen wir für das Bruttoinlandsprodukt dieser Ländergruppe nach der sehr mäßigen Zunahme von 1,3 Prozent in diesem Jahr für 2013 mit einem nochmals schwächeren Ergebnis von 1,1 Prozent. Im Jahr 2014 dürfte sich der Produktionsanstieg wieder etwas beschleunigen, aber mit 1,9 Prozent immer noch verhalten sein. In den Vereinigten Staaten wird das Bruttoinlandsprodukt 2013 voraussichtlich nur um 1,5 Prozent zunehmen. Für 2014 rechnen wir zwar mit einem spürbar stärkeren Zuwachs von 2,5 Prozent; von einem kräftigen Aufschwung kann bei diesem Expansionstempo aber noch nicht gesprochen werden. Auch in Japan und im Vereinigten Königreich expandiert die gesamtwirtschaftliche Produktion im kommenden Jahr schwach und 2014 in nur mäßigem Tempo. Im Euroraum wird die Produktion im Winterhalbjahr 2012/13 sogar nochmals merklich zurückgehen, und auch im Jahresdurchschnitt 2013 dürfte das Bruttoinlandsprodukt schrumpfen. Sofern sich die Staatsschuldenkrise – wie angenommen – nicht wieder verschärft, sondern sich im Verlauf des Jahres allmählich entspannt, dürfte sich die Konjunktur im Euroraum ab dem Frühjahr allmählich beleben. Für das Jahr 2014 erwarten wir einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 0,9 Prozent. Die Arbeitslosigkeit wird in Europa weiter steigen, während sie in den Vereinigten Staaten leicht zurückgehen dürfte.

Die wirtschaftliche Aktivität in den Schwellenländern wird auch im kommenden Jahr durch die schwache Ausweitung der Nachfrage in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften gebremst. In dieser Ländergruppe ist die Wirtschaftspolitik aber in den vergangenen Monaten zunehmend expansiv ausgerichtet worden. Sofern sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht durch eine erhebliche zusätzliche Dämpfung der Konjunktur in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften oder weltweite Finanzmarktturbulenzen deutlich verschlechtern, sollten die Schwellenländer im Verlauf des kommenden Jahres wieder auf einen Pfad rascherer Expansion einschwenken. Im Jahr 2013 dürften die Zuwachsraten nahezu überall zunehmen, und 2014 werden sie voraussichtlich wieder recht kräftig sein. Der Zuwachs der Weltproduktion insgesamt dürfte im Jahr 2013 mit voraussichtlich 3,4 Prozent nochmals sehr niedrig ausfallen. Für 2014 erwarten wir eine wieder etwas stärkere Zunahme (3,9 Prozent). Der Welthandel wird zunächst weiter nur schwach expandieren, sich im Verlauf des kommenden Jahres und im Jahr 2014 aber allmählich beleben.

Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage des IfW Kiel.

Quelle: IfW Kiel