BdSt, Pressemitteilung vom 07.11.2023
BdSt unterstützte Musterkläger im Revisionsverfahren erfolgreich / Empfehlung: Ausgaben in der Einkommensteuererklärung geltend machen!
Wer aus gesundheitlichen Gründen in eine Pflege-WG zieht, kann die Ausgaben für die Unterbringung als außergewöhnliche Belastungen absetzen – das hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden. Bereits das Finanzgericht Köln sah dies so. Ob der Pflegebedürftige nun in einer Pflege-WG oder in einem Heim lebt, sei hier nicht entscheidend. Gegen dieses steuerzahlerfreundliche Urteil des Finanzgerichts hatte das Finanzamt allerdings Revision beim BFH eingelegt, die dort unter dem Aktenzeichen VI R 40/20 geführt wurde. Bei diesem Revisionsverfahren unterstützten wir das betroffene Ehepaar – mit Erfolg.
Im Einzelnen entschied der BFH: Nicht nur Kosten der Unterbringung in einem Heim (im Sinne des § 1 Heimgesetzes), sondern auch Kosten der Unterbringung in einer Pflegewohngemeinschaft, die unter das jeweilige Landesrecht fällt, sind außergewöhnliche Belastungen, die in der Einkommensteuererklärung steuermindernd geltend gemacht werden können. Ausschlaggebend sei allein, dass die Pflegewohngemeinschaft – genauso wie das Heim – in erster Linie dem Zweck diene, ältere oder pflegebedürftige Menschen bzw. Menschen mit Behinderung aufzunehmen und ihnen Wohnraum zu überlassen, in dem die notwendigen Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen erbracht werden.
Die Abzugsfähigkeit der Unterbringungskosten knüpfe nicht daran an, dass dem Steuerpflichtigen – wie bei der vollstationären Heimunterbringung – Wohnraum und Betreuungsleistungen „aus einer Hand“ zur Verfügung gestellt würden. Ausreichend sei, so die BFH-Richter, wenn der Mitbewohner einer Pflegewohngemeinschaft – neben der Überlassung des Wohnraums – von einem oder mehreren externen ambulanten Leistungsanbietern gemeinschaftlich organisierte Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen in diesen Räumlichkeiten beziehe.
Allerdings sind auch krankheits- oder pflegebedingt anfallende Kosten nur insoweit abzugsfähig, als sie zusätzlich zu den Kosten der normalen Lebensführung anfallen. Deshalb waren die tatsächlich angefallenen Unterbringungskosten um eine sog. Haushaltsersparnis zu kürzen. Deren Höhe bestimmt der BFH im Wege der Schätzung nach dem steuerlich abziehbaren Höchstbetrag für den Unterhalt betroffener Personen – im Streitjahr 2016 waren dies 8.652 Euro.
Deshalb unterstützten wir die Klage
Der schwerbehinderte und pflegebedürftige Kläger (Grad der Behinderung 100, Pflegegrad 4) wohnte gemeinsam mit anderen pflegebedürftigen Menschen in einer Pflegewohngemeinschaft, deren Errichtung und Unterhaltung unter das Wohn- und Teilhabegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (WTG NW) fiel. Dort wurde er rund um die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst und Ergänzungskräften betreut, gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt. Die Aufwendungen für die Unterbringung – Kost und Logis – in der Pflegewohngemeinschaft machte er als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Einkommensteuergesetz geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, da diese Aufwendungen nur bei einer vollstationären Heimunterbringung abzugsfähig seien. Gegen diese Auffassung wehrte sich der Kläger – als Bund der Steuerzahler unterstützten wir dies.
Unter dem Strich haben Bundesfinanzhof und Finanzgericht den Sachverhalt anders als das Finanzamt beurteilt und dem Kläger Recht gegeben. Der BFH stellte klar, dass Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung in einer dafür vorgesehenen Einrichtung grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig seien.
Nach dem Urteil – Unser Tipp
Der Bund der Steuerzahler empfiehlt, dass Betroffene die Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend machen.
Quelle: Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.
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