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Zuständigkeitsstreitwerte: Anwaltliche Vertretung darf nicht auf Kostenfaktor reduziert werden

BRAK, Mitteilung vom 02.05.2024

Der Streitwert, bis zu dem die Amtsgerichte in Zivilsachen zuständig sind, soll von 5.000 auf 8.000 Euro angehoben werden. Dass dies vor allem mit dem Einsparen von Anwaltskosten begründet wird, missachtet nach Ansicht der BRAK die Rolle der Anwaltschaft für den Zugang zum Recht.

Der Streitwert, bis zu dem Amtsgerichte für zivilrechtliche Streitigkeiten zuständig sind, soll von bisher 5.000 Euro auf 8.000 Euro angehoben werden. Das sieht ein Anfang März vom Bundesministerium der Justiz vorgelegter Referentenentwurf vor. Danach sollen zudem eine Reihe streitwertunabhängiger Zuständigkeiten der Amts- und Landgerichte geschaffen werden. Ziel ist es, die Amtsgerichte zu stärken, die Verfahren sinnvoller zwischen den Gerichten zu verteilen und die Spezialisierung in der Justiz auszubauen.

Die BRAK lehnt das Vorhaben zwar nicht grundsätzlich ab und begrüßt im Grundsatz das Ziel, die Amtsgerichte zu stärken. In ihrer Stellungnahme zu dem Referentenentwurf kritisiert sie jedoch die darin gegebene Begründung aufs Schärfste, in welcher der Wegfall der anwaltlichen Kosten im Streitwertbereich bis 8.000 Euro für die Rechtsuchenden beworben wird. Anwaltliche Vertretung werde damit allein auf einen Kostenfaktor reduziert. Das werde der Rolle der Anwaltschaft und ihrer Rechtsschutzzugang gewährenden Funktion nicht gerecht. Die BRAK unterstreicht, dass der Zugang zum Recht in der Fläche nicht ohne die Anwaltschaft in der Fläche gedacht werden kann.

Daneben kritisiert die BRAK erneut – wie bereits in ihrem Ende 2022 veröffentlichten Positionspapier zum Zuständigkeitsstreitwert –, dass es an einer empirischen Grundlage für die angedachten Änderungen fehlt. Insbesondere fehlten nach wie vor belastbare Zahlen, um wie viele Verfahren es sich in dem von der Anhebung potenziell betroffenen Streitwertbereich handelt, und dazu, wie sich dies auf die Personalentwicklung in der Justiz auswirkt. Zudem moniert die BRAK, dass der Referentenentwurf nicht in die zahlreichen weiteren aktuellen Reformvorhaben im Bereich des Prozessrechts eingebettet ist.

Die Schaffung weiterer Spezialzuständigkeiten an Amts- und Landgerichten hält die BRAK für begrüßenswert. Dies müsse aber differenziert betrachtet werden; dies illustriert sie am Beispiel nachbarschaftsrechtlicher Streitigkeiten, die einfach, aber auch sehr kostspielig und rechtlich komplex sein können. Daher warnt sie vor der Annahme, hohe Streitwerte gingen regelmäßig mit hoher Komplexität und Bedeutung des Verfahrens einher.

Soweit der Inflationsausgleich als Rechtfertigung der Anhebung des Zuständigkeitsstreitwerts herangezogen wird, weist die BRAK darauf hin, dass selbiges auch für die Vergütung der im Falle der Bewilligung von Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe tätigen Anwältinnen und Anwälte gelten muss. Eine Anhebung des Zuständigkeitsstreitwerts sollte daher zugleich mit einer Anpassung der Tabelle zu § 49 RVG einhergehen.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Berlin – Ausgabe 9/2024

Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=124228

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