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Zustellungsvollmacht – Zustellung der einstweiligen Verfügung an Partei wirksam

BRAK, Mitteilung vom 06.12.2023 zum Urteil 3 HK O 72/23 des OLG Nürnberg vom 31.03.2023

Trotz vorgelegter Zustellungsvollmacht im vorgerichtlichen Abmahnverfahren war die anschließende einstweilige Verfügung an den Mandanten zuzustellen, so das OLG Nürnberg.

Auch wenn sich im vorgerichtlichen Abmahnverfahren der Anwalt des Abgemahnten als zustellungsbevollmächtigt anzeigt, so gilt dies laut Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg nicht für ein anschließendes gerichtliches Verfahren – hier im einstweiligen Rechtsschutz. Somit sei die anschließende einstweilige Verfügung immer noch an die Partei und nicht den Rechtsvertreter zuzustellen (Urteil vom 31.03.2023, Az. 3 HK O 72/23).

Im vorliegenden Fall hatte ein Versicherungsmakler einen Versicherungsvermittler zunächst abmahnen lassen, weil letzterer eine Kundin des Maklers ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken angerufen hatte. In diesem Kontext erwiderte der Anwalt der abgemahnten Versicherungsvermittlung, er sei „in vorbezeichneter Angelegenheit“ zustellungsbevollmächtigt. In ca. 30 weiteren Angelegenheiten, in denen jedoch die Versicherungsvermittlung gegen den Makler vorging, war ebenfalls derselbe Anwalt involviert. Später erging im Hinblick auf die Werbeanrufe eine einstweilige Verfügung (eV). Diese stellte der Makler jedoch direkt der Vermittlerfirma und nicht deren Anwalt zu. Letztere waren der Ansicht, dass die eV nicht fristgemäß zugestellt worden sei und bekamen mit dieser Argumentation zunächst vor dem Landgericht Regensburg Recht. Im vom Makler angestrengten Berufungsverfahren sah das OLG Nürnberg dies nun aber anders.

OLG Nürnberg: Zustellung musste an Partei erfolgen

Das OLG positionierte sich hierzu in einer umstrittenen Rechtsfrage. Im vorliegenden Verfahren habe die Beschlussverfügung nicht zwingend gem. § 172 Zivilprozessordnung (ZPO) an den Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müssen. In dem Umstand, dass ein Anwalt eine Partei im vorgerichtlichen Abmahnverfahren vertritt, liege nicht automatisch eine Bestellung für ein nachfolgendes Gerichtsverfahren (so u. a. auch das OLG Düsseldorf). Das gelte auch, wenn vorprozessual mitgeteilt worden sei, dem Anwalt sei Zustellungsvollmacht erteilt. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen – wenn sich ein Prozessvertreter (nur) für das Hauptsacheverfahren angezeigt habe – im Regelfall Zustellungen im Verfügungsverfahren wirksam an die Partei selbst vorgenommen werden könnten.

Eine andere Beurteilung sei auch nicht wegen des pauschalen Vortrags der Vermittlerfirma veranlasst, wonach ihr Anwalt sie in einer Vielzahl von Parallelverfahren zwischen den Parteien vertrete. So sei der aktuelle Streitfall der erste, in dem der Versicherungsmakler auf der aktiven Seite stehe. Alle vorangehenden Gerichtsverfahren seien hingegen von der Vermittlerfirma eingeleitet worden. Eine tatsächliche Übung habe damit nicht entstehen können.

Ausschöpfen der Berufungsbegründungsfrist ist nicht dringlichkeitsschädlich

Auch in einer weiteren umstrittenen Rechtsfrage positionierte sich das OLG Nürnberg: Werden in einem einstweiligen Verfügungsverfahren die Berufungseinlegungs- und begründungsfristen voll ausgeschöpft, so sei dies nicht dringlichkeitsschädlich – obwohl diese genauso lang sind wie im Hauptsacheverfahren. Auch wenn man das rechtspolitisch kritisieren könne – der Gesetzgeber gebe damit zu erkennen, dass er die Zeit von insgesamt zwei Monaten für ausreichend, aber auch erforderlich halte, um das Rechtsmittel in der gebotenen Weise zu begründen. Solange die Partei nur die ihr gesetzlich eingeräumten Fristen wahrnehme, dürften aus dem damit in Zusammenhang stehenden (zulässigen) prozessualen Verhalten auch aus Rechtssicherheitsgründen grundsätzlich keine Rückschlüsse für die Frage der Dringlichkeit gezogen werden.

Lediglich in eng begrenzten Ausnahmefällen könne ein verzögertes Betreiben des Verfahrens zu einem anderen Ergebnis führen: So, wenn keinerlei weitere tatsächliche Ermittlungen anzustellen und keine weiteren Glaubhaftmachungsmittel zu beschaffen seien und der Verfügungskläger auch durch sein sonstiges Verhalten zum Ausdruck bringe, dass ihm selbst die Sache nicht so eilig sei. Diese Voraussetzungen lägen in diesem Fall aber nicht vor.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer

Dieser Artikel erschien auf https://www.datev-magazin.de/?p=113476

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